Academy Africa Sports München

Fußballmannschaft

Academy Africa Sports München

In einer bayerischen Kreisklasse streiten deutsche Vereine mit einer afrikanischen Mannschaft, die besser spielt, aber öfter schummelt. Es geht um gefälschte Spielerpässe, um den Aufstieg in die nächsthöhere Klasse und um die Frage, ob Minderheiten sich immer anpassen müssen.

Schiedsrichter Werner Kelletshofer kontrolliert die Spieler-Pässe von Academy Africa. In der Vergangenheit gab es oft Ärger mit den Pässen.
Zwei Spieler haben sich älter gemacht, weil sie sonst nicht hätten spielen dürfen.

Taufkirchen vs. Afrika

Im Fußball, das hat der Trainer Otto Rehhagel einmal gesagt, gibt es nur eine Wahrheit: Der Ball muss ins Tor. Fußball ist ein Spiel, das jeder versteht, auf der ganzen Welt, und deshalb ist Fußball, eigentlich, ein sehr gutes Mittel, um unterschiedliche Kulturen miteinander zu verbinden.
Es könnte alles ganz einfach sein.

Paul Mayonga (r.), Vorsitzender von Academy Africa vor dem Umkleidehaus der Betriebssportanlage. Mayona ist vor 30 Jahren aus der Republik Kongo nach München gekommen.

Aber es ist nicht immer einfach.

Denn man kann auch Fußball auf sehr unterschiedliche Weise verstehen. Man kann, wie Bernd Klemm, der Abteilungsleiter Fußball beim SV-DJK Taufkirchen in der Münchner Kreisklasse 5, Fußball als ein Spiel verstehen, das von Regeln bestimmt wird, und man kann, wie Paul Mayonga von Academy Africa, der einzigen afrikanischen Mannschaft dieser Liga, Fußball als Ausdruck eines Lebensgefühls verstehen. Seit Monaten kommen die beiden Männer nicht von der Stelle, manchmal erinnern sie an Delegierte bei Integrationsgipfeln, die sich verständigen sollen, es aber nicht schaffen.

Ein Spieler vom SV Neuperlach im Zweikampf nit einem Academy-Spieler. Die Afrikaner spielen stark und körperbetont.
Ein Academy-Africa-Spieler beim Schuss auf das Tor. Seit 2003 ist sein Team durchmaschiert don der wirklich untersten Liga bis in die Kreisklasse.

Was es heißt, ein Ausländer zu sein

13 Punkte hat der Fußballverband Academy Africa am Ende abgezogen. Es geht darin um die Urteile, von denen Horst Klemm spricht, um unsportliches Verhalten eines Spielers gegenüber dem Schiedsrichter, weil der meckerte und beleidigte, um unsportliches Verhalten des Trainers gegenüber dem Schiedsrichter, weil der auch meckerte und beleidigte, und es geht darin um zwei Spieler, Abdulahi Adams Godfrey und Iwuaka Kakä, starke Spieler.

In den Fällen 611 bis 613, so steht es in den Urteilen geschrieben, wurde Academy Africa »wegen des unzulässigen Einsatzes von Spielern« zu einer Geldstrafe von insgesamt 250 Euro und einem Abzug von vier Punkten verurteilt. Als Nebenfolge wurden die Begegnungen gegen Fortuna Unterhaching gegen den DJK Taufkirchen sowie gegen FC Unterbiberg II als verloren und für den Gegner als gewonnen gewertet. Die Spieler Kakä und Godfrey hatten falsche Pässe, sie hatten sich um ein Jahr älter gemacht, weil sie sonst nicht hätten spielen dürfen. Sie haben nicht wie Angehörige eines deutschen Vereins gedacht, sondern so, wie sie zu denken gewohnt waren.

Ein Academy-Spieler liegt verzweifelt am Boden. In der deutschen Kreisliga muss die Mannschaft lernen, ihr Temprament zu kontrollieren. Einer der Spieler rannte mal nach einem Tor, das er schoss, auf die Tribüne, tanzte, küsste seine Freundin und sah Gelb dafür.

Paul Mayonga ist 57 Jahre alt und vor 30 Jahren aus Brazzaville, der Hauptstadt der Republik Kongo, nach München gekommen; er studierte Wirtschaftswissenschaften, er ging kurz zurück in seine Heimat, kam zurück, arbeitete erst bei der Deutschen Bank, dann in der Autoindustrie, wo er noch heute beschäftigt ist. Während der Woche trägt er elegante Anzüge, Hemden mit Initialen und Manschettenknöpfen. Er weiß, dass gute Kleidung so wichtig ist wie die Sprache. Mayonga spricht gut Deutsch.

Er hat viel gelernt über Deutschland und darüber, was es heißt, ein Ausländer zu sein, Afrikaner. Er arbeitete im Ausländer-Beirat der Stadt München, baute das Afrika-Zentrum mit auf, war selbst Fußballer im Sturm vom FC Falke Markt Schwaben, und irgendwann, im Jahr 2002, kam ihm die Idee, eine afrikanische Fußballmannschaft zu gründen. Sie begannen in einem Garten, ohne Toiletten, »nur mit Toren«, sagt er, sie spielten erst in der Freizeitliga, aber Mayonga verstärkte die Mannschaft, suchte immer neue Spieler, klebte Plakate in Asylbewerberheimen und Kulturzentren und meldete sein Team – Nigerianer, Angolaner, Kenianer, Ghanaer – beim bayerischen Fußballverband an, wo die Regeln streng sind, der Satzungen hat, wie im richtigen Leben.

Zauberfußball mit Fehlern

Das war im Jahr 2003. Seitdem ist Mayongas Team durchmarschiert, von der wirklich untersten Liga, der C-Klasse, über die B-, A-Klasse bis in die Kreisklasse. Mayonga hat gute Spieler, er nennt das, was sie machen, »Zauberfußball«. Manchmal wurden sie zu Sportfesten eingeladen, als Showeinlage, damit sie zeigten, was sie können am Ball. Sie bekamen viel Beifall. Warum sie jetzt nicht mehr zu Sportfesten eingeladen werden, warum Deutsche unfreundlich über sie reden, warum Klemm sagt, dass sie bescheißen, liegt an den Urteilen. Mayongas Fehler war, dass er die Pässe der Spieler nicht überprüft hat.

Michael Nkwodike ist 19 Jahre alt und stammt aus Nigeria. 2003 ist er alleine aus Kano nach Deutschland geflogen. Er lernte deutsch, machte seinen Hauptschulabschluss, sucht jetzt eine eigene Wohnung und wechselt zur kommenden Saison von Academy Africa in die Bezirksoberliga zum FC Schrobenhausen.

Text: Barbara Hardinghaus, Der Spiegel, Hamburg